Telematikinfrastruktur
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Hinter all dem steht, was Verheißung und Herausforderung zugleich ist: Digitalisierung im Gesundheitswesen. Bei der Telematikinfrastruktur geht es um die Online-Kommunikation zwischen den verschiedenen Akteuren, für die eine technische Infrastruktur bereitgestellt werden muss. Durch die Vernetzung verschiedener IT-Systeme können unterschiedliche Quellen – z. B. verschiedene Ärzte oder Krankenhäuser – miteinander verknüpft werden. Durch die TI wird beispielsweise die elektronische Patientenakte oder das Versichertenstammdatenmanagement ermöglicht.
Was ist die Telematikinfrastruktur?
Der Begriff Telematik setzt sich aus den Begriffen „Telekommunikation“ und „Informatik“ zusammen und vereint damit diese beiden Komponenten. Es handelt sich also bei der TI um die technische Lösung von Kommunikation. Die muss in einem solch sensiblen Bereich wie der Gesundheit absolut sicher sein. Herausfordernd ist hier, das komplexe Zusammenspiel aller Akteure zu realisieren: Ein Patient besucht oft mehrere Praxen, hat Kontakt zu Apotheken und zur Krankenkasse sowie ggf. mit weiteren Institutionen wie Therapieeinrichtungen. oder Krankenhäusern. Dabei sammeln sich viele Daten an.
Durch die Telematikinfrastruktur erhalten alle Akteure Einblick in die notwendigen Informationen. Die TI ist ein geschlossenes Netz, auf welches nur registrierte Nutzer Zugriff erhalten. Das soll durch die Prüfung von elektronischen Heilberufs- und Praxisausweisen sichergestellt werden. Die TI ist also ein großer Faktor, um die Digitalisierung in der Gesundheitsbranche voranzutreiben.
Seit 2019 sind alle Praxen dazu verpflichtet, eine Telematikinfrastruktur angeschlossen zu haben, sodass sie als erste Anwendung das Versichertenstammdatenmanagement durchführen können. Sollte dies nicht der Fall sein, muss Ärzten und Physiotherapeuten laut Gesetz das Honorar um 2,5 Prozent gekürzt werden.
Die Verarbeitung der Versichertenstammdaten bietet also die Grundlage der TI. Auch für Praxen, die keinen direkten Kontakt zu Patienten haben, ist die Einführung einer TI bis zum 30. Juni 2020 verpflichtend. Dazu gehören beispielsweise Labore, bei denen Patienten nicht direkt ihre Versichertenkarte einscannen.
Eine Herausforderung ist dabei die Sicherheit des Systems. In der Gesundheitsbranche gibt es viele persönliche Daten der Patienten, die geschützt werden müssen. Es ist daher fundamental, dass die Kommunikation zwischen den Beteiligten sicher und verschlüsselt und der Schutz vor dem Zugriff von Unbefugten gewährleistet ist. Deswegen gibt es Sicherheitsmechanismen, um die Datenschutzanforderungen zu erfüllen.
Auch die Regierung ist hier involviert: Um die sensiblen Informationen langfristig zu schützen, werden die Sicherheitsmaßnahmen regelmäßig vom Bundesamt für Sicherheit geprüft und auf den neuesten Stand gebracht.
Gesetzliche Vorschriften
Für die Telematikinfrastruktur gibt es Gesetze, an die sich die Gesundheitsbranche halten muss. Diese wurden zuletzt im E-Health-Gesetz Ende 2015 festgehalten. Grundsätzlich gibt es Mindestanforderungen, die für alle Praxen, die Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen sind, verbindlich sind. Dazu zählen der Online-Abgleich der Versichertenstammdaten auf der elektronischen Gesundheitskarte, das elektronische Empfangen und Einlösen einer Verordnung (Elektronische Rezepte) mit der Karte sowie die Verwendung der Europäischen Krankenversicherungskarte (EHIC) auf der Rückseite. Diese Anwendungen müssen auf jeden Fall vorhanden sein. Es kommt also keine Praxis ohne eine Telematikinfrastruktur aus.
Auch für die Finanzierung gibt es Vorschriften. Ärzte und Physiotherapeuten müssen nämlich nicht selbst für die Einführung einer TI aufkommen. Dafür sind laut den Vorgaben die gesetzlichen Krankenkassen verpflichtet. Sie übernehmen die Kosten für die Ausstattung. Das gilt auch für zusätzliche Anwendungen, die über die Grundanforderungen hinausgehen. Dabei sind sowohl Geräte (z. B. Kartenterminals) als auch die Sicherung des laufenden Betriebs (Wartung der Komponenten und Updates) miteingeschlossen. Darauf haben sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) geeinigt.
Anwendungen der Telematikinfrastruktur
Auch Sie sind schon in Kontakt mit dem Thema „Telematikinfrastruktur“ gekommen oder haben zumindest von ihr profitiert: Beim Gang zum Arzt müssen Sie als erstes Ihre Versichertenkarte vorlegen, die dann vom Empfangspersonal eingescannt wird. Sie müssen nichts weiter tun und die Praxis erhält die wichtigsten Daten über Sie – total simpel, oder? Ohne TI aber nicht möglich.
Auf der Gesundheitskarte sind die Versichertenstammdaten hinterlegt. Die Karte zeigt, bei welcher Versicherung der Patient versichert ist und welche Untersuchungen bei ihm durchgeführt wurden. Die Ärzte können dann auf der Grundlage dieser Daten die erbrachten Leistungen berechnen. Zu den Stammdaten gehören die administrativen Daten des Versicherten wie Name, Geburtsdatum, Anschrift und Versichertenstatus sowie ergänzende Informationen, wie z. B. der Zuzahlungsstatus. Dazu kommt noch die Krankenversichertennummer, durch die der Patient eindeutig zugeordnet werden kann.
Durch eine TI können diese Versichertenstammdaten online geprüft und abgeglichen werden. So können Ärzte beispielsweise ermitteln, ob die Stammdaten auf der Versichertenkarte überhaupt noch aktuell sind und ob ein gültiges Versicherungsverhältnis besteht. Diese Überprüfung muss in jedem Quartal bei einem erstmals in diesem Zeitraum behandelten Patienten durchgeführt werden. Die Karte muss zudem nicht mehr ausgetauscht werden, wenn Änderungen – wie z. B. bei der Adresse – vorgenommen werden müssen.
Digitale Patientenakte
Nach dem Einstieg in die Telematikinfrastruktur haben Praxen und Krankenhäuser dann die Möglichkeit, ihr System um weitere Anwendungen zu erweitern. Die digitale Patientenakte wird dadurch ausführlicher und genauer. Mit dieser können Ärzte von überall aus digital auf die Akte des Patienten zugreifen und es sind keine schriftlichen Akten mehr nötig.
Elektronischer Medikationsplan
Im elektronischen Medikationsplan werden alle Daten zur medikamentösen Behandlung eines Patienten aufgeführt und auf seiner elektronischen Gesundheitskarte gespeichert. Somit haben die behandelnden Ärzte den Einblick, wie ihr Patient momentan behandelt wird und können ihre Maßnahmen darauf anpassen. Dadurch werden unerwünschte Wechselwirkungen zwischen den Medikamenten vermieden und die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS-Datenmanagement) unterstützt.
Notfalldaten
Versicherte können notfallrelevante Daten zukünftig auf der elektronischen Gesundheitskarte speichern – das passiert allerdings auf freiwilliger Basis. Sollte ein Notfall eintreten, können die Ärzte diese Daten dann einsehen und schnell einen Überblick über Vorerkrankungen, regelmäßige Einnahme von Medikamenten und Allergien erlangen, was die Behandlung beeinträchtigen kann. Außerdem können dort auch persönliche Erklärungen hinterlegt werden, wie z. B. der Organspendeausweis, eine Patientenverfügung oder eine Vorsorgevollmacht.
Technische Ausstattung
Um eine Telematikinfrastruktur aufzubauen, brauchen die Praxen einige technische Geräte. Diese sind die Grundvoraussetzungen, ohne die die zuvor beschriebenen Funktionen nicht umsetzbar sind.
Konnektor
Die Grundlage bietet der Konnektor, da er den Zugang zur TI überhaupt erst ermöglicht. Er funktioniert ungefähr so wie ein DSL-Router – allerdings mit deutlich höheren Sicherheitsstandards. Der Konnektor stellt ein sogenanntes Virtual Private Network (VPN) her, das die Kommunikation mithilfe von Verschlüsselungstechnologien sogar völlig abgeschirmt vom Internet ermöglicht. Er enthält außerdem das Modul, das für das Versichertenstammdatenmanagement nötig ist. Der Konnektor erhält immer wieder neue Updates, wodurch neue Funktionen darüber abrufbar sind, wie beispielsweise die qualifizierte elektronische Signatur.
E-Health-Kartenterminal
Mit den sogenannten E-Health-Kartenterminals werden Chipkarten eingelesen. Das Gerät gehört damit ebenfalls zur Grundausstattung – unter anderem werden darüber die Daten der elektronischen Gesundheitskarte abgerufen. Das Terminal kommt also bei der Anmeldung von Patienten in Praxen zum Einsatz. Außerdem wird es für den Praxisausweis (SMC-B) genutzt, durch den die Praxis zur Teilnahme am TI authentifiziert wird. Auch der elektronische Heilberufsausweis kann über das Terminal eingelesen werden.
VPN-Zugangsdienst
Um Zugang zur TI zu erhalten, benötigen Praxen einen speziellen VPN-Zugangsdienst, der ihnen den Zugang zum Internet bereitstellt. Er ähnelt also einem klassischen Internet-Provider. Diese Dienste müssen von der gematik GmbH zertifiziert sein – einem Unternehmen, das gegründet wurde, um die Weiterentwicklung der elektronischen Gesundheitskarte und der Telematik zu fördern. Praxisgemeinschaften können dabei gemeinsam einen VPN-Zugangsdienst nutzen. Ein genereller Zugang zum Internet ist ebenfalls Grundvoraussetzung.
Vorteile der TI
Die Telematikinfrastruktur treibt die Digitalisierung in der Gesundheitsbranche voran. Die Einführung einer TI bringt dabei sowohl für die Patienten als auch für die Praxen und Krankenhäuser Vorteile mit sich:
Vorteile für Patienten
Dass wir nur noch mit unserer elektronischen Gesundheitskarte zum Arzt gehen müssen, um einen Termin wahrnehmen zu können, ist ein Vorteil der TI, von dem wir Patienten schon lange profitieren können. Oftmals liegen den Praxen sogar schon wichtige Dokumente wie Röntgenbilder oder Medikationspläne elektronisch vor, sodass Patienten auch jetzt schon weniger Papier mit zum Arztbesuch nehmen müssen. Je besser die Telematikinfrastruktur ausgebaut wird, desto mehr Vorteile ergeben sich:
Weitere Vorteile für die Patienten sind:
- Ein elektronischer Medikationsplan vermeidet gefährliche Wechselwirkungen von Medikamenten.
- Dadurch, dass den Praxen sämtliche Dokumente schon vorliegen, kann der Empfang- und Anmeldeprozess schneller und problemloser abgewickelt werden. Daraus resultieren kürzere Wartezeiten.
- Die TI ermöglicht zukünftig auch den Einsatz von Videosprechstunden, woraus weniger persönliche Kontakte resultieren – gerade in Krisenzeiten wie beim Coronavirus eine gute Lösung.
Vorteile für Praxen und Krankenhäuser
Die Vorteile für die Patienten gelten automatisch auch für Praxen und Krankenhäuser. Dadurch, dass sie die Daten über die Gesundheitskarte abrufen können, sind Ärzte besser über den Zustand Ihrer Patienten aufgeklärt. Durch die Vorteile, die die Patienten haben, steigt darüber hinaus natürlich auch die Patientenzufriedenheit.
Außerdem profitieren Ärzte von folgenden Vorteilen:
- Einstieg in die Digitalisierung – das Netzwerk des deutschen Gesundheitswesens etabliert ein digitales Verzeichnis
- Einfachere Kommunikation zwischen den Organisationen
- Einheitliches Konzept für Datenschutz und -sicherheit, das von öffentlichen Prüfstellen zertifiziert wird
- Bessere und individuellere Behandlung der Patienten
- Prüfung der Versichertenstammdaten auf Aktualität
- Effizientere Dokumentation
- Bessere Überwachung der Medikation
Websession: Telematikinfrastruktur
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Fazit
Die Telematikinfrastruktur sorgt dafür, dass verschiedene Systeme miteinander verknüpft sind und jeder Arzt den Zugriff auf die Daten eines Patienten bekommt. Die Einführung ist dabei seit 2019 gesetzlich verpflichtend, um zumindest das Versichertenstammdatenmanagement nutzen zu können. Der Abruf der Daten über die elektronische Gesundheitskarte vereinfacht das Verfahren dabei ungemein. Jede Praxis muss die Grundvoraussetzungen der TI erfüllen und kann die Funktionen dann individuell erweitern.